Was ist ein Balkonkraftwerk, was kann es und was kann es nicht?
Ein Balkonkraftwerk oder Mini-PV ist eine kleine Solaranlage die auf einen Balkon passt. Sie besteht aus ein oder zwei Solarmodulen und einem Wechselrichter. Die Solarmodule wandeln Sonnenlicht in Elektrischen Energie um, genauer gesagt in Gleichspannung. Um mit dieser Gleichspannung unsere normalen Geräte zu betreiben braucht man einen Wechselrichter. Ähnlich wie in einem Camper, oder auf einem Boot, dort sind ebenfalls Wechselrichter eingebaut.
Die Frage was es kann haben wir also beantwortet. Was kann es nicht: Es kann nicht dafür sorgen dass ihr dann noch Strom habt, wenn Stromausfall ist. Die Wechselrichter müssen dazu ausgelegt sein sobald sie keine Netzspannung und Frequenz haben direkt abzuschalten und nichts mehr zu produzieren. Das hat den einfachen Grund dass wenn der Stromlieferant an den Leitungen arbeitet und deswegen den Strom abgeschaltet hat diese nicht durch ein oder mehrere Balkonkraftwerke weiterhin unter Spannung stehen und damit die Arbeiten gefährden.
390 Wp oder 780 Wp bzw. 300 W oder 600 W die Grundlagen?
Ein Solarpaneel wird immer in (k)Wp (Kilo Watt peak / spitze) angegeben. Das ist die Maximale Leistung die von einem Solarpaneel erzeugt werden kann. Bei perfekter Sonneneinstrahlung werden also maximal 390 Watt pro Paneel erzeugt. Aber was soll die zweite Angabe in W die etwas geringer ist dann noch? Das ist die maximale Leistung die der Wechselrichter umwandeln kann. Dabei dimensioniert man die Solarpaneele häufig ein wenig größer als die Angabe des Wechselrichters, da die Maximalwerte der Paneele meistens nicht erreicht werden. Man hat dann jedoch trotzdem bei nicht optimalen Verhältnissen mehr. Hier ist es aber wichtig die Solarpaneele müssen zum Wechselrichter passen, deswegen wenn ihr euch nicht auskennt => kauft ein fertiges Set.
Aber wie viel ist denn nun Sinnvoll? Das kommt einerseits auf den verfügbaren Platz an und andererseits auf den Verbrauch der Geräte die rund um die Uhr laufen wie Kühlschrank Router usw. Je mehr Geräte man hat desto mehr Stromverbrauch hat man rund um die Uhr auch ohne dass jemand anwesend ist.
Bei mir sind das folgende Geräte:
Gerät / Gruppe | Verbrauch ∅ in W |
Kühlschrank | 40 |
NAS, Router, Drucker, Staubsaugerroboter & Smart Home Zentrale | 60 |
Computer, Monitore, Switch | 30 |
MagicMirror | 6 |
TV, HiFi & Konsole | 30 |
Sonstiges pauschale (Repeater, HomePods etc.) | 15 |
Summe ca. 181 |
In der Regel reicht der Standbyverbrauch allerdings nicht aus um allen erzeugten Strom auch direkt zu verbrauchen. Hier ist es also von Vorteil wenn zum Zeitpunkt wo über Solar am meisten produziert wird auch jemand anwesend ist um den Strom zu verbrauchen, da er ansonsten an den Stromlieferanten verschenkt wird bzw. bei großen Anlagen an diesen verkauft wird. Das Stichwort ist hier den Eigenverbrauch zu optimieren wie ich das mit meinem Smart Home mache erläutere ich in einem weiteren Artikel.
Neigung und Ausrichtung
Das Optimum für Solar ist wenn die Sonne direkt senkrecht auf das Paneel trifft. Deswegen ist der optimale Winkel in Deutschland bei 30-40°. Diese Neigung ist auf einem Balkon selten möglich, wenn man nichts von seinem Balkon verlieren will muss man sie am Balkongeländer anbringen und kann sie eventuell noch ein wenig anstellen. Ich komme selber auf ca. 70° also weit weg vom Optimum.
Die Ausrichtung ist ebenfalls entscheiden. Nach Süden gerichtet hat man den meisten ertrag, das bedeutet jedoch auch dass man am meisten Strom in der Mittagszeit produziert. Das kann problematisch sein da wenn niemand zuhause ist um den Strom zu verbrauchen man ihn in das Netz einspeist und damit im Falle eines Balkonkraftwerks an den Netzbetreiber verschenkt. Eine Ost Ausrichtung erzeugt morgens Strom und eine Westausrichtung abends. Wichtig ist auch nach möglichen Schattenquellen zu schauen, da ihr bei Verschattung deutlich weniger produziert. Auf einem Balkon habt ihr aber meistens nicht die Möglichkeit euch auszusuchen in welche Richtung ihr die Solarpaneele ausrichten wollt, deswegen rechnet es für euch durch. Siehe dazu meine Berechnung weiter unten.
Was habe ich wo gekauft?
Ich habe ein Komplettpaket bei greenakku.de bestellt das beinhaltete 2x JA-M60S20-390.BF, 1x Mikrowechselrichter Bosswerk MI600. Wie alle Shops wird auch dieser anscheinend hoffnungslos überrannt von dem aktuellen Photovoltaik Boom. Als ich bestellt hatte war es als Lieferbar ab dem 23.05.22 gelistet, die Lieferung der Paneele erfolgte einen Monat später am 23.06.22. Für mich war das Ok. Leider ist die Kommunikation bis dahin sehr Mau, von dem Bestellprozess hatte ich zunächst nur die PayPal Bestätigung vom Bezahlvorgang und eine Info Mail über ein erstelltes Ticket. Mit Eingabe meiner E-Mail Adresse und Passwort Reset sollte ich zugriff auf meinen Account bei dem Shop bekommen und damit Einsicht auf meine Bestellung. Dies hat bei mir jedoch nicht geklappt. Die Rechnungen zum Mikrowechselrichter und den Solarpaneelen kamen jeweils kurz vor Versand der Ware.
Halterung und mein Balkon
Als Halterung habe ich mir die im gleichen Shop verkauften Halterungen angeschaut, für einen Balkon haben sie die etm Solar-Hook PV-Halterung Balkon leider passt diese nicht auf meinen Balkon da dieser keine Streben sondern eine Verkleidung hat. Also habe ich weiter gesucht und diese Balkon-Halterung mit Aufständerung gefunden. Leider verkauft der Shop diese aktuell nur mit einer Solaranlage zusammen. Von dieser Halterung inspiriert habe ich mich also ans Zeichenbrett gemacht und an meinen Balkon angepasst. Dieser hat vor der Verkleidung alle 115cm 6x6cm Quadratische Streben, diese wollte ich zum befestigen der Paneele nutzen. Da die Löcher nicht exakt passen, bzw. dann eine enorm große Lücke entstehen würde und das Linke Paneel zu weit links sein würde habe ich eine Querstrebe hinzugefügt und die Paneele ein wenig verschoben und nicht zentriert angebracht.
Woraus bestehen nun also meine Halterungen?
8x Regalux Winkelprofil 4x4x200cm
1x Packung M8x30 50 Stk (M8x25 oder gar 20 wären auch gegangen rückblickend)
1x Packung Muttern 100 Stk
1x Packung Unterlegscheiben 100 Stk
1x Packung M8x80 50 Stk
1x Stabilit Aufhängeschiene 2032 mm
Alles zusammen hat bei mir insgesamt 87,10 € für zwei Paneele gemacht. Im vergleich zu den 165 € bzw. 90 € Pro Halterung für ein Paneel kann man hier also einiges sparen.
Als erstes habe ich überprüft ob der Lochabstand passt bzw. ob ich etwas nachbohren / sägen muss. Hier wird sich später Herausstellen dass die Löcher zwar so passen, aber mit den Querstreben passt es dann nicht mehr.
Anschließend habe ich die Balkonhalterungen zusammen gebaut. Da die Balkonstreben an denen ich meine Halterungen befestige ein wenig hervor stehen habe ich die Halterung so entworfen, dass sie ein über das Balkongeländer hinaus steht. Die Strebe unten ergibt einen Winkel von ca. 20° und ist beliebig verschiebbar bzw. austauschbar, sodass ein anderer Winkel möglich ist.
Hier habe ich die Halterung erneut angelegt um zu schauen wie es insgesamt passt. Noch ohne Querstrebe, diese ist allerdings nur nötig wenn die Abstände wie bei mir nicht exakt passen.
Anschließend die erste Montage zur Probe am Balkon, es passt sehr gut. Sie ragt ein wenig über das Geländer in der höhe hinaus, aber nicht in meinem Balkon hinein.
Also können die restlichen montiert werden. Ich habe zunächst nur oben leicht fixiert um die untere Fixierung bei allen Halterungen auf einmal erledigen zu können.
Oben und unten an die Halterung habe ich nun die Querstrebe angebracht.
Anschließend haben wir alles fixiert und die Solarpaneele aufgelegt, dort ist uns leider aufgefallen dass der Abstand zwischen oben und unten nicht passt. Die untere schiene müsste ein wenig höher, also haben wir kurzerhand nochmal alles nachgemessen und ein wenig gekürzt. Danach passte alles perfekt und wir konnten anschließend die Solarpaneele fixieren und alle Schrauben nachziehen.
Wie lange hat das alles gedauert und braucht man Unterstützung? Die Regalprofile habe ich alleine zurecht gesägt dafür mussten 4 der 8 Profile jeweils zweimal gesägt werden sodass man 1 Stück mit ca. 105cm, eins mit ca. 70cm und eins ca. 25cm erhält. Das zusammenschrauben geht auch komplett alleine und die Halterungen dann anzubringen geht auch alleine. Insgesamt braucht man dafür einen halben Tag bis Tag. Für das Auflegen der Solarpaneele braucht man dann zum Schluss Hilfe da sie sehr groß sind, dies ist aber auch mit nacharbeiten schnell erledigt.
Ab wann rechnet es sich?
Hier muss man klar sagen, es lohnt sich nicht direkt. Man muss erst recht viel Geld in die Hand nehmen und es dauert ein paar Jahre bis man das wieder an Stromersparnis zurückgeholt hat. Zu dem gesparten Geld durch Reduzierung der Stromkosten beteiligt man sich am Ausbau der erneuerbaren Energien und kann selbst ohne Eigenheim einen wenn auch kleinen Beitrag dazu leisten.
Das waren meine Ausgaben:
Gegenstand | Preis |
Solar Paneele + Wechselrichter (inkl. Versand) | 774,50 € |
Halterung (Baumarkt) | 87,10 € |
Summe 861,60€ |
Kalkulation:
Ich habe aktuell noch einen Strompreis von 0,2881 € / kWh. Hier hatte ich extrem Glück, dass ich bereits letzten Juli den Vertrag abgeschlossen habe, ich gehe aber von einer nicht unerheblichen Erhöhung demnächst aus. Der aktuelle Preis ist ja eher bei ca. 0,40-0,50 € / kWh daher entspricht meine Berechnung eher des Worst Case Szenarios wenn man die Ersparnis im Sinn hat.
Anhand des Strompreises ergibt sich bei mir dass das Balkonkraftwerk nach ca. 3000 kWh Eigenverbrauch vollständig abbezahlt ist (861,60 € / 0,2881 € / kWh). Bei 0,40 € / kWh wären es 2154 und bei 0,50 € / kWh wären es 1723 kWh, also bereits deutlich früher.
Für den erwarteten Stromertrag habe ich solar Kalkulatoren zur Hand genommen.
https://www.solarserver.de/pv-anlage-online-berechnen/ gibt mir für meinen Standort bei Südausrichtung mit ~70° Neigung und 780 Wp eine Erzeugung von 854 kWh / Jahr aus. Da der Wechselrichter jedoch auf 600 W begrenzt habe ich noch einmal für 600 Wp kalkuliert und dort sind es 657 kWh/ Jahr. in der Theorie sind meine Spitzen bei 600 W gekappt, dafür erreiche ich sie aber auch früher bzw. erzeuge bei weniger Sonne mehr.
Bei https://solar.htw-berlin.de/rechner/stecker-solar-simulator/ komme ich auf 480 kWh bei 600 Wp und bis zu 624 kWh bei 780 Wp.
Für meine Berechnung gehe ich also von mindestens 480 kWh und maximal 854 kWh Stromerzeugung Pro Jahr aus. Was nun mehr der Realität entspricht werde ich in einem Jahr wissen. Die letzte Variable die uns noch fehlt ist der Eigenverbrauch Anteil, also wieviel kann ich wirklich direkt verbrauchen und muss ich nicht dem Stromlieferanten schenken. Hier gibt der Solarrechner der HTW-Berlin voraussichtlich 68% an bei 600 W, deswegen habe ich diesen Wert genommen. Wie ich den Eigenverbrauch optimieren will seht ihr im Bereich Smart Home im nächsten Artikel.
Rentabel frühestens nach: 3000 kWh / (854 kWh / Jahr * 68%) = 5,2 Jahre
Rentabel spätestens nach. 3000 kWh / (480 kWh / Jahr * 68%) = 9,2 Jahre
Wenn die Strompreise wie aktuell nur eine Richtung kennen, dann verschiebt sich der Zeitpunkt nach vorne. Bis zu 10 Jahre, lohnt sich das überhaupt? Ganz klar ja, die Solarpaneele haben eine Leistungsgarantie von 25 Jahren, das bedeutet man geht davon aus dass sie nach den 25 Jahren Laufzeit mindestens 83.1 % der ursprünglichen Leistung erzielen.
Der Wechselrichter hat ebenfalls eine 12 Jahre Garantie, man geht aktuell davon aus das dieser nach ca. 15 Jahren erneuert werden muss, dort kommen dann also kosten von aktuell ca. 300 € dazu. Auf die Gesamte Laufzeit spart man hier jedoch, da es die Rentabilität nur ein wenig verschiebt um ca. 1/3 also auf ca. 7 bzw. 12 Jahre.
Einrichtung des Mikrowechselrichters
Einrichtung über ein iPhone hat zunächst nicht geklappt, sie ist jedoch selbsterklärend und man wird schön mit einem Assistenten geführt, der MI600 konnte sich nicht in mein W-LAN einwählen. Ich denke das liegt an meinem W-LAN Kennwort, dieses ist 60 Zeichen lang und besteht aus Groß- Kleinbuchstaben, Sonderzeichen und Zahlen, mein Ziel hier war es die Spezifikationen zu einem W-LAN Passwort so gut es geht auszureizen um die Sicherheit zu erhöhen und da man es sowieso maximal ein mal pro Gerät eingeben muss hat man dadurch auch keine Nachteile. Häufig kann man das Kennwort auch über die Geräte hinweg teilen. Zurück zum Thema, diese Kennwort hat mir schon bei dem ein oder anderen Gerät Probleme bereitet sodass ich sie entweder per Kabel oder gar nicht einbinden konnte. Also habe ich das Gerät zunächst im Gästenetz eingebunden, dies hat auch direkt funktioniert.
Später habe ich mich dann über den PC auf dem Wechselrichter eingeloggt, dieser hat auch ein Webinterface welches über http://10.10.100.254 erreichbar ist wenn man sich in den Accesspoint des Gerätes einwählt. Hier kommen wir auch schon zu einem Problem für mich, selbst wenn der Wechselrichter eingerichtet ist bleibt der Accesspoint immer noch bestehen. Ich habe dann über das Webinterface die Einrichtung erneut gestartet und hier konnte ich mich dann mit meinem Netzwerk verbinden. Bei der Einrichtung kann man den Accesspoint auch verstecken, dies war bei mir aber leider nicht dauerhaft. Nachdem ich den MI600 kurz Stromlos hatte um die Verkabelung anzupassen hat er das Netzwerk wieder ausgesendet. Das Kennwort des Accesspoints lies sich bei mir leider auch nicht ändern bzw. war nach dem um verkabeln erneut das Standardkennwort. Immerhin der Nutzername und das Kennwort zum Webinterface ließen sich anpassen, auch dauerhaft. Aber im großen und ganzen ist das Webinterface übersichtlich und aufgeräumt, ein paar Einstellungen wie den Accesspoint zu deaktivieren vermisse ich allerdings.
Leider ist das Webinterface auch nicht über HTTPS erreichbar, das bedeutet dass die Verbindung zum Gerät unverschlüsselt ist und deswegen im gleichen Netzwerk belauscht und die Nutzerdaten abgegriffen werden können. Dieses verhalten haben leider viele Geräte, hier ist das Problem dass sie für eine verschlüsselte Verbindung über HTTPS ein Zertifikat brauchen. Damit der Browser einem solchen Zertifikat vertraut muss es jedoch von einer allgemein bekannten vertrauenswürdigen Zertifizierungsstelle Signiert worden sein. Dies ist aber leider praktisch nicht machbar für Geräte im lokalen Netzwerk. Wenn das Zertifikat also nicht von einer vertrauensvollen Zertifizierungsstelle signiert wurde dann kommt im Browser eine Sicherheitswarnung, trotz alledem blockieren moderne Browser solche Zertifikate immer mehr.
Das gute am Wechselrichter ist jedoch dass er einen eingebauten Datenlogger hat, man sieht also entweder im Webinterface oder per App wieviel Strom gerade oder im Verlauf Produziert wird. Dieser Wert wird alle paar Minuten aktualisiert und gespeichert. Das ist auch wichtig für die Integration ins Smart Home und die Eigenverbrauchsoptimierung da man hier keine zusätzlichen Geräte für die Messung braucht.
Hi,
cooles Projekt und spannende Einblicke! Ich baue es gerade so ähnlich nach und habe eine Frage zu dem Bild „Balkonhalterung aus Regalux Profilen zusammengebaut Seitenansicht“. Wie hast du in den Profilen die Abrundungen am Ende reingearbeitet, sodass du den Winkel öffnen kannst, ohne dass sich die Profile verkanten/berühren?
Viele Grüße aus Hamburg
Jan
Hi Jan,
danke für das Kompliment. Ich habe die Ecken abgesägt und mit einer Feile nachgearbeitet bis es gepasst hat.
Viele Grüße,
Marcel